125-jähriges Gemeindejubiläum

Am Sonntag, 14. September 2014 feierte die Gemeinde Tangerhütte mit vielen Gästen und Glaubensgeschwistern aus Nah und Fern ihren 125. Geburtstag.

Endlich, nach wochenlanger Vorbereitung in verschiedenen Organisations-Teams, konnte der große Festtag beginnen. Sicher eine große, aber auch schöne Herausforderung für die gesamte Gemeinde, die durch die Vorfreude und ein schönes Miteinander an diesem Festtag das Geplante möglich machte.

Schon einige Wochen zuvor wurde die Öffentlichkeit durch die örtlichen Tageszeitungen „Volksstimme“ und „Altmarkzeitung“ über das bevorstehende Ereignis informiert und nochmals mit einer Kurznachricht zwei Tage vor dem Fest daran erinnert.

Am Sonntag, dem 14. September 2014 war es dann endlich soweit. Die Kirche war geöffnet und festlich geschmückt. Im Altarschmuck war ein großer schwerer Amboss zum Gedenken an den legendären „Schmied von Mahlpfuhl“ integriert.

Neben den Glaubensgeschwistern der heutigen Gemeinde waren auch viele „Ehemalige“ gekommen. Diese waren deutschlandweit eingeladen worden. Manch einer von ihnen war hier in der Kirche getauft oder konfirmiert worden.

Der Festgottesdienst wurde von Apostel Jens Korbien gehalten. Begleitet wurde der Apostel von Bischof Lothar Petereit. Als besonderes Grußwort für die Festgemeinde verlas der Apostel Offenbarung 1, aus 4: „Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt“. In Bezug auf das gesungene Eingangslied 330 „Jesus Christus ist der Eine, der gegründet die Gemeinde“ wies er in seiner Predigt darauf hin, dass auch hier der eigentliche Gründer Jesus Christus war. Er ist, war und wird sein. Es gehört ja dazu, dass man sich an einem Jubiläum vieler Namen erinnert und dankbar zurückblickt. Ohne den Herrn wäre aber das nicht geworden, was damals geschehen ist. Als Vorsteher Priester Klaus Pilgermann die Chronik vorlas, war unschwer erkennbar, wie vor 125 Jahren der Herr sich Menschen nahm, um sein Werk in dieser Region zu gründen.

Es sei erwähnt, dass sich das 125-jährige Bestehen der heutigen Gemeinde auf den ersten Gottesdienst in dem kleinen Runddorf Mahlpfuhl, zwei Kilometer von Tangerhütte entfernt, bezieht.

Hier sei ein kleiner Rückblick in die Geschichte gestattet:

Im Jahre 1889 war es dem jungen Bauernsohn Albert Koch in seinem Heimatdorf zu eng geworden, er wollte die Welt kennenlernen und hatte beschlossen, nach Berlin zu gehen und dort sein Glück zu suchen. Meister Wilhelm, der Schmied, war wohl nicht ganz unschuldig an dem Entschluss des jungen Mannes. Obwohl er mit den Kochs verschwägert war, hatte man es nie gerne gesehen, wenn sich Albert sooft mit ihm traf. Er galt im Ort als Aufgeklärter, denn er las viel und hatte den Kopf voll mit manchem städtischem Gedanken.

Albert war an den Wochenenden in Berlin sehr einsam. Eines Sonntags sagte er sich: So kann es nicht weitergehen! Er zog sich fein an und sagte sich: Es wäre doch gelacht, wenn ich nicht endlich ein paar nette Leute kennenlerne, vielleicht sogar ein Mädchen. Auf der Straße liefen zwei junge Mädchen an ihm vorbei, die waren auch fein angezogen und er dachte, die beiden wollten zum Tanzen. Er mochte die beiden nicht auf der Straße ansprechen und folgte ihnen. Die beiden Mädchen schritten auf einen Torbogen zu, öffneten die Tür und gingen hinein. Albert, der ihnen auf den Fuß gefolgt war und neugierig hinter ihnen her blickte, wurde von einem freundlichen jungen Mann begrüßt, der ihn in das bescheidene Versammlungslokal der „Apostolischen Gemeinde“ (wie damals die Neuapostolische Kirche hieß) führte. Albert war mächtig sauer wegen des vermeintlichen Reinfalls, dem er erlegen war, und wollte das Lokal wieder verlassen. Da begann der Gottesdienst und er blieb. Auch während der Predigt haderte er immer noch mit sich selber, bis er plötzlich durch die Worte des Mannes hinter dem Altar aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er fühlte sich persönlich angesprochen! Es war von einem Jüngling die Rede, der in die Welt hinaus gezogen sei, um etwas zu erleben und schließlich wurde alles ausgesprochen, was Albert dachte. Erschrocken versteckte er sich hinter dem Rücken seines Vordermannes. Nach dem Gottesdienst waren die Mädels vergessen. Albert hatte es so gepackt, dass er die Amtsträger mit Fragen bestürmte. Bald darauf ließ sich Albert in Berlin versiegeln. Er schrieb an seine Familie einen langen Brief, in dem er von seinem neuen Glauben rühmte. Der Vater war außer sich, da er doch als Kirchenältester in seiner Gemeinde fungierte. Kurze Zeit später fuhr Albert nach Hause, die Seinen zu besuchen, und während die ganze Familie, Meister Wilhelm einbegriffen, in der „guten Stube“ der Familie Koch versammelt war, hielt er eine Evangelisationsstunde ab. Meister Wilhelm war gar nicht damit einverstanden, was sein Freund Albert da von sich gab.

Im August 1889 fuhr Alberts Bruder Carl mit seiner Frau nach Berlin, um einen Gottesdienst mit Stammapostel Krebs zu erleben. Beide wurden versiegelt. Ein paar Wochen später fuhr Carl nochmals nach Berlin und empfing aus der Hand von Stammapostel Krebs das Priesteramt. Von nun an fanden regelmäßig in der Wohnung der Familie Koch Gottesdienste statt. Da immer mehr verlangende Seelen in die Gottesdienste kamen, musste Kochs Scheune zum Gottesdienstraum ausgebaut werden. Bald kamen aus allen Himmelsrichtungen verlangende Seelen nach Mahlpfuhl in den Gottesdienst. Sie wurden im Laufe der Zeit zu Gründern von Gemeinden an ihren Wohnorten, so zum Beispiel in Grieben, Tangermünde, Gardelegen, Stendal, Magdeburg, Rogätz, Havelberg, Brandenburg und nicht zuletzt in Tangerhütte. Nach der Gründung der eigenständigen Gemeinde Tangerhütte im Jahre 1904 versammelten sich in Mahlpfuhl nur noch Geschwister aus den Orten Mahlpfuhl, Mahlwinkel, Uchtdorf, Sandbeiendorf, Burgstall und Blätz. 1939 fand dann dort der letzte Gottesdienst statt.

Meister Wilhelm, der lange dem Werk Gottes unter Aposteln ablehnend gegenüber stand, hat sich nach vielen Gebeten für ihn doch noch 35 Jahre nach dem ereignisreichem Jahr besonnen, besuchte die Gottesdienste und wurde ein Gotteskind. Albert blieb in Berlin und diente dort als Bezirksältester.

Doch nun wieder zurück zur Jubiläumsfeier unserer Gemeinde.

Da im Kirchengebäude für eine so große Festgemeinde zu wenig Platz war, wurde auf dem Hinterhof ein großes Zelt aufgebaut. Dieses bot neben den in der Kirche sitzenden Gottesdienstteilnehmern noch weiteren ca. 50 Besuchern Platz. Daneben und nach dem Gottesdienst diente das Zelt multifunktionalen Zwecken. So waren für das Einnehmen von Speisen und Getränken schon die Tische und als weitere Sitzmöglichkeiten Party-Bänke aufgestellt. Denn nach dem Gottesdienst begann der „Tag der offenen Tür“. Jedermann war herzlich willkommen, bekam ein Glas Sekt oder auch andere kalte Getränke gereicht. Man konnte eine deftige Erbsensuppe mit Bockwurst genießen oder auch viele Sorten Kuchen bei einer Tasse Kaffee zu sich nehmen. Zur Information über die Entstehung und Geschichte der Gemeinde Tangerhütte sowie der Neuapostolischen Kirche allgemein waren entsprechende Schautafeln aufgestellt. Diese waren auch zur Lösung eines ausgeteilten Kirchenquiz behilflich, wenn man sich ausführlich informiert hatte.

Zur Kinderbetreuung war noch ein weiteres Zelt aufgestellt. Nicht zuletzt sorgten die Zelte auch dafür, dass das Regenwetter die Festtagsfreude nicht trüben konnte.

In der Sakristei konnte man Einsicht in die alten Kirchenbücher nehmen und im Kirchenschiff den musikalischen Darbietungen der Sänger und Instrumentalspieler lauschen, welche im weiteren Tagesprogramm erklangen.

Eine besondere Überraschung hatte unser Apostel Korbien noch parat. Im Zelt stand eine verhüllte Tafel, die er am Nachmittag für die Geschwister enthüllte. Auf dieser waren Pläne zum Umbau unserer Kirche zur Einsicht angebracht. Das löste große Freude aus. Zumal der 1973 erfolgte Ausbau der ursprünglich 1908 errichteten Kirche schon längst nicht mehr den heutigen Erfordernissen gerecht wird.

Unter den Festgästen waren auch Vertreter der Evangelischen und Katholischen Kirche sowie Repräsentanten der Kommune. Sie brachten Grußworte und Geschenke mit. Auch Mitarbeiter der Presse waren gekommen, um über dieses seltene Jubiläum zu berichten.

Allen Teilnehmern des Festjubiläums wird dieser Tag noch lange in Erinnerung bleiben.

H.S.